Leseprobe

Als ich acht Jahre alt war, wurde ich einmal zu einem Geburtstag in einem Haus weiter oben in unserer Straße eingeladen. (...) Alle Jungen und Mädchen unserer Klasse waren auf vorgedruckten Karten eingeladen worden, die man für solche Gelegenheiten bei Woolworth kaufen konnte. Die Jungen trugen kurze Hosen mit Gummibandeinzug und karierte Fliegen an Gummibändern, die unter den weißen Hemdkragen versteckt waren. Die Mädchen trugen rosafarbene, limonengelbe und babyblaue duftige Kleider aus Stoffen, die mit Silberfäden durchwirkt waren, und gestärkte Petticoats unter dem Rock, und wenn mehrere Mädchen auf einem Sofa saßen, sahen sie wie ein Strauß verblühender Blumen aus. Ich hatte ein Partykleid an, das Tante El aus altem Vorhangstoff genäht hatte. Der Stoff war labbrig und blau mit einem spiraligen grauen Muster. Der Rock stand überhaupt nicht ab. An den Halsausschnitt war ein weißer Spitzenkragen geheftet, damit es flott aussah, und ich hatte eine blaue Samtschleife in meinem schwarzen Haar. Nachdem wir allen roten, grünen und gelben Wackelpudding und den Kuchen mit dem bunten Zuckerguß und den acht Kerzen restlos aufgegessen hatten, nachdem wir mit verbundenen Augen den Schwanz am Esel festgesteckt und das Paket nacheinander völlig ausgewickelt und unter der letzten Hülle ein Federmäppchen zutage gefördert hatten, mußten wir uns um das Klavier stellen, und alle Kinder wurden der Reihe nach aufgefordert, ein Lied zu singen, zu tanzen oder ein Gedicht aufzusagen. Ich wurde gefragt, ob ich ein Lied aus meinem Heimatland singen könne, und ich trug brav drei Strophen in Urdu vor. "Ihre Tochter hat so nett gesungen, es hat uns sehr gefallen. Sie hat uns mit einem solch reizenden Lied in ihrer Muttersprache erfreut." Mutter hat mich nie bloßgestellt. Vielleicht fühlte sie sich, ebenso wie ich, dadurch in ihrem Selbstbewußtsein gestärkt, daß die Kolonien dem Empire eins ausgewischt hatten. Hatten sie wirklich nicht gemerkt, daß ich Unsinn sang?